Lebenslauf von Edvard Grieg
Edvard Grieg wurde im Juni 1843 in der Hafenstadt Bergen, dem kulturellen Zentrum Westnorwegens, geboren. Sein Vater war ein wohlhabender Kaufmann. Seine Mutter, eine talentierte Musikerin und Dichterin, spielte ihrem Sohn schon früh Stücke ihrer Lieblingskomponisten Wolfgang Amadeus Mozart und Carl Maria von Weber vor. Als Edvard sechs Jahre alt war, begann sie, ihm Klavierunterricht zu geben. Schnell stellte sich heraus, dass Edvard Talent hatte. Vor allem dachte er sich lieber selbst Melodien aus, als die anderer Komponisten nachzuspielen. Mit neun Jahren schrieb er seine ersten Kompositionen auf. Zwar gab es in Bergen schon seit 1765 eine Musikgesellschaft, in ihr traten jedoch vor allem Laien auf. Musikalisch orientierte man sich vor allem an den kulturellen Zentren Europas. 1858 reiste Grieg nach Leipzig, um am dortigen Konservatorium zu studieren. Leipzig galt damals als eine der führendsten musikalischen Ausbildungsstätten Europas. Der weltberühmte norwegische Geiger Ole Bull, ein Bekannter der Familie, hatte sich für Griegs Studium in Leipzig eingesetzt. Dem 15jährigen fiel der Umzug nicht leicht. Er litt an Heimweh und die "unintelligenten" Lehrmethoden, vor allem das geistlose Üben, erbosten ihn geradezu. Erst als Grieg seine Lehrer wechselte, wurde es anders. Bei Carl Ferdinand Wenzel, einem Freund von Robert Schumann, und dem berühmten Klaviervirtuosen Ignaz Moscheles perfektionierte er seine Technik und seine Ausdruckskraft als Pianist. Im Mai 1860 kehrte Grieg wegen einer Erkrankung für ein halbes Jahr nach Bergen zurück. Die vermeintliche Rippenfellentzündung stellte sich als Tuberkulose heraus, die nach und nach seinen rechten Lungenflügel zerstörte. Die Jahre in Leipzig legten den Grundstein für Griegs spätere Erfolge als Pianist und Komponist. Als er 1862 die Stadt verließ, war der 19jährige fest davon überzeugt, in Norwegen Karriere machen zu können. Sein erstes Konzert in Bergen fand großen Anklang. Aber es fehlte Grieg in seiner Heimatstadt an musikalischen Anregungen. Da er sie in Norwegen nicht fand, zog er nach Kopenhagen. Ihn lockte das rege kulturelle Leben in der dänischen Hauptstadt. Dort lernte er die Werke des dänischen Komponisten P. E. Hartmann kennen, der als einer der ersten nordische Klänge in die Musik der Romantik integriert hatte. Doch bei weitem der größte musikalische Einfluss kam von dem Norweger Rikard Nordraak. Der Komponist, nur ein Jahr älter als Grieg, begeisterte ihn für die norwegische Volksmusik. Die beiden lernten sich 1864 kennen. Von Nordraaks Enthusiasmus angesteckt, beschloss Grieg, in seinen Kompositionen die norwegische Kultur und Volksmusik zu verarbeiten. In Dänemark lernte Grieg auch seine große Liebe kennen, die Sängerin Nina Hagerup. Sie ermunterte ihn, Lieder zu schreiben, und eine seiner schönsten Melodien hat er ihr gewidmet: "Ich liebe dich", die Vertonung eines Verses von Christian Andersen, einem seiner engsten Freunde. 1865 beschlossen Grieg und sein Freund Nordraak, nach Rom zu reisen. Aber Nordraak erkrankte an Tuberkulose, und so musste Grieg allein fahren. Er gab Konzerte in der "Skandinavischen Gesellschaft" in Rom und lernte Henrik Ibsen kennen, der seit 1864 in Italien lebte und Grieg später zu seinem Meisterwerk, der Peer Gynt-Suite, anregte. In Rom erhielt er die Nachricht, dass Nordraak in Berlin an Tuberkulose gestorben war. Traurig kehrte er nach Norwegen zurück, um den Traum, den die beiden in den zwei Jahren ihrer Freundschaft geträumt hatten, zu verwirklichen - mitzuwirken bei der Schaffung einer norwegischen Nationalkultur. Grieg beschloss, in die norwegische Hauptstadt Kristiania (heute Oslo) zu ziehen. Die Voraussetzungen waren günstig, denn das Interesse für norwegische Musik war geweckt. Im Oktober 1867 gab Grieg sein erstes Konzert mit ausschließlich norwegischer Musik - vor allem seinen und Nordraaks Kompositionen. Zusammen mit dem Komponisten Otto Winter-Hjelm gründete er eine "Musikakademie", die jedoch nur zwei Jahre bestand, gab Unterricht und leitete das Orchester der "Philharmonischen Gesellschaft". 1867 verdiente er endlich so gut, dass er Nina Hagerup heiraten konnte. 1870 reiste Grieg erneut nach Italien, diesmal mit seiner Frau. Dort lernte er Franz Liszt kennen. Liszts Bewunderung für die Kompositionen des Norwegers legte den Grundstein für Griegs internationalen Erfolg. 1874 beauftragte Henrik Ibsen ihn, sein Theaterstück Peer Gynt zu vertonen. Es wurde Griegs berühmtestes Werk. Obwohl Grieg viel reiste, blieb Norwegen seine Heimat. Er lebte zumeist auf dem Lande, in Lofthus am Hardangerfjord und ab 1885 in seinem Haus "Troldhaugen", etwas südlich von Bergen. Sein Leben verlief nun in ganz geregelten Bahnen. Im Winter reiste er ins Ausland, im Frühling und Sommer komponierte er, im Herbst wanderte er mit Freunden. Er wurde mit Einladungen aus dem Ausland überhäuft, feierte Triumphe in London, München und Genf. Das Jahr 1898 wurde zum Meilenstein seines musikalischen Strebens. Er organisierte das erste norwegische Musikfestival in seiner Heimatstadt Bergen. Nach der Jahrhundertwende verschlechterte sich seine Gesundheit. Eigentlich hätte er alle Engagements absagen müssen. 1907 beschloss er, trotzdem im Sommer zu dem prestigeträchtigen Musikfest in Leeds zu fahren. Zu der Reise kam es nicht mehr. Grieg hatte einen Herzinfarkt und starb im September 1907 mit 64 Jahren, an den Folgen. Seinem festen Glauben an die Schönheit der Kultur Norwegens und seiner einzigartigen Fähigkeit, norwegische Voksmusik mit dem musikalischen Stil der Romantik zu verbinden, ist es zu verdanken, dass die norwegische Volkskultur Anerkennung auf der ganzen Welt fand. |
Letzte Änderung am 1. Mai 2004