Lebenslauf von Friedrich Hollaender
Sein Vater war der bekannte Operettenkomponisten Victor Hollaender (20.4.1866 Leobschütz - 24.10.1940 Hollywood); seine Mutter Rosa Perl war Sängerin in einer Zirkusrevue. Um 1900 übersiedelte die Familie nach Berlin, wo sie auch ursprünglich herstammte. Sein Vater war ab 1901 am Metropol-Theater (heute "Piscator-Bühne") als Hauskomponist und Kapellmeister tätig. Seit seiner Kindheit spielte er Klavier, in seiner Jugend trat er bereits im Kino auf und improvisierte bei Stummfilmen. Am Konservatorium war einer seiner Lehrer Engelbert Humperdinck. 1914/1915 war Hollaender in New York und Prag, den Rest des Krieges verbrachte er (durch Hilfe seines Onkels Felix) als Orchesterleiter eines Fronttheaters an der Westfront. Nach dem Krieg gründete er mit Gleichgesinnten wie Tucholsky, Klabund, Mehring, Spoliansky, Ringelnatz und der jungen Schauspielerin Blandine Ebinger – seiner späteren Frau – ein Kabarett, das im "Schall und Rauch" im Keller von Max Reinhardts Großem Schauspielhaus auftrat. Reinhardt selbst hatte dieses Kabarett gegründet, gab die Leitung jedoch bald an Hans von Wolzogen ab. In den 20er Jahren wirkte er an verschiedenen Kabarett-Theatern (u.a. Trude Hesterbergs Wilde Bühne) als Komponist und Klavierbegleiter. Es entstanden u.a. die "Lieder eines armen Mädchens", "14 Lieder über die Ansichten eines Kindes aus dem Armenviertel Berlins", zu denen er auch den Text verfasste. Inspiriert wurde er dazu durch Else Lasker-Schülers Wupper und der hageren Erscheinung seiner Frau. Ab 1929 arbeitete er vor allem für den Tonfilm und komponierte im Lauf seines Lebens Musik für 175 Filme. In einigen Filmen spielte er auch selbst mit oder führte Regie. Den Höhepunkt dieses Schaffens stellt die Musik für Joseph von Sternbergs Film "Der blaue Engel" (1930) dar. Marlene Dietrich wurde mit dem Lied: "Ich bin von Kopf bis auf Liebe eingestellt" schlagartig zum Star. In Charlottenburg eröffnete er 1931 seine eigene Bühne, das Tingel-Tangel-Theater. Er war Mitbegründer der ersten Berliner Jazz-Kapelle, den Weintraub Syncopators. 1931 dirigierte Hollaender Offenbachs "Pariser Leben" in der Bearbeitung von Karl Kraus im Rundfunk. Seit 1927 schrieb er auch Revuen, wie "Bei uns um die Gedächtniskirche ´rum", "Spuk in der Villa Stern" und 1932 – vorausahnend – "Höchste Eisenbahn!". 1933 musste er wegen seiner jüdischen Abstammung Deutschland verlassen. Mit seiner zweiten Frau Hedi Schoop weilte er zuerst in Paris und ging 1934 nach Hollywood. Er eröffnete eine amerikanische Ausgabe seines Tingel-Tangel-Theaters, aber ohne den erhofften finanziellen Erfolg. Er arbeitete dann als Filmregisseur und komponierte die Musik zu mehr als 100 Filmen. Sein erstes Buch "Those Torn from Earth" (1941) gibt Einblick in das bedrückende Schicksal von Emigranten. Eine deutsche Übersetzung erfolgte erst nach seinem Tod 1995 unter dem Titel "Menschliches Treibgut". 1955 kam er aus den USA zurück, um sich in München niederzulassen. Aus dem Schaffen dieser Zeit seien hier genannt: Filmmusik, z.B. "Das Spukschloss im Spessart" (1960; mit Olaf Bienert und Alfred Strasser); Musicals z.B. "Majestät macht Revolution" und Revuen für das Kabarett "Kleine Freiheit". 1965 veröffentlichte er seine Autobiographie "Von Kopf bis Fuß". Beitrag von Andreas Sperlich |
Letzte Änderung am 27. Juni 2004