Lebenslauf von Franz Lehár

Bild von Franz Lehár Lehár wurde am 30. April 1870 im ungarischen Komárom geboren. Als Sohn eines (auch selbst komponierenden) Militärkapellmeisters kam Lehár schon in frühester Kindheit zur Musik und lernte verschiedenste Musikinstrumente, u.a. Klavier und Trompete. Nach seinem Studium der Violine am Prager Konservatorium wurde er Orchestergeiger am Theater Barmen-Elberfeld. Dort hielt es ihn jedoch nicht lange: Gleich seinem Vater wurde er ab 1890 (der jüngste) Militärkapellmeister der K. u. K. Monarchie und war mit seinen Militärkapellen in Pula, Triest, Budapest und Wien stationiert. Hier machte er auch die Bekanntschaft von Leo Fall, der Jahre später wie Lehár zu einem der führenden Operettenkomponisten Wiens avancieren sollte.

Während Lehárs Militärzeit entstanden seine erste Kompositionen: Vor allem Märsche, Tänze und Liederalben – sowie eine bis heute nicht aufgeführte Oper „Rodrigo“, deren vollständig erhaltene handschriftliche Partitur im Archiv des Wiener Josef-Weinberger-Verlages schlummert. Einen ersten großen Erfolg als Komponist konnte Lehár mit der 1896 in Leipzig uraufgeführten Oper „Kukuschka“ verbuchen. Mit der „Kukuschka“ im Gepäck wollte Lehár die Opernstadt Wien erobern. Doch Gustav Mahler lehnte die Aufführung des Werkes an der Wiener Hofoper ab. Um nun trotzdem im Wiener Musikleben Fuß fassen zu können, blieb für Lehár nur mehr die Möglichkeit einer Umorientierung weg von der Oper hin zur Operette; noch dazu war der Augenblick dafür sehr günstig, da die Wiener Operette um 1900 in einer tiefen Krise steckte: Mit dem Tod von Franz von Suppé, Carl Millöcker und Johann Strauß hatte die Operette in Wien innerhalb von nur vier Jahren ihre sämtlichen Hauptvertreter verloren. Lehár war also just zur rechten Zeit am rechten Ort.

Um allerdings an ein Operettenlibretto herankommen zu können, musste sich Lehár erst einmal im Wiener Kulturleben etablieren. Über Friedrich Schmidell, einen kunstbesessenen Wiener Kaufmann, und dessen Bruder, den Schauspieler Emil Norini, kam Lehár an den Volksschriftsteller Ottokar Tann-Bergler heran, der ein intimer Freund von Wiens Schauspiellegende Alexander Girardi war. Für ihn schrieben Tann-Bergler und Norini gerade an einem Schwank, den sie Lehár zur Vertonung anboten, worauf dieser, inzwischen Kapellmeister im Theater an der Wien, sofort zugriff. Unter dem Titel „Wiener Frauen“ erlebte dieses Werk dort am 21. November 1902 als erste Operette Lehárs ihre erfolgreiche Uraufführung: „Bravo! Das ist der kommende Mann!“ Dieser euphorische Ausruf soll dem Operettenlibrettisten Julius Bauer bereits nach der Ouvertüre entfahren sein.

Und Julius Bauer sollte Recht behalten: Mit der 1905 in Wien uraufgeführten Operette „Die lustige Witwe“ katapultierte sich Lehár mit einem Schlag an die Spitze der Wiener Operettenszene: Durch die Einführung einer neuartigen Tanzdramaturgie revolutionierte Lehár das Genre und wurde zum Gründungsvater der Wiener Salonoperette, die er mit weiteren Werken – u.a. dem 1909 uraufgeführten „Graf von Luxemburg“ weiterentwickelte und verfeinerte. Dieser Operettentypus war es, welcher von Lehárs Rivalen Oscar Straus, Emmerich Kálmán und Leo Fall aufgegriffen, vielfältigst variiert und von Wien aus höchst erfolgreich in die ganze Welt exportiert wurde.

Lehárs Liebe zur Oper trieb ihn in den sich anschließenden Jahren zu immer neuen Operetten-Experimenten, mit denen er jedoch nie an den Erfolg der „Lustigen Witwe“ anknüpfen konnte: „Die blaue Mazur“, „Das Fürstenkind“, „Endlich allein“, „Der Sterngucker“ und „Wo die Lerche singt“ sind nur die wichtigsten der etwa 20 Operetten, die zwischen 1910 und 1925 entstanden sind.

Doch erst mit dem 1925 uraufgeführten „Paganini“ gelang Lehár die von ihm gesuchte Synthese aus Oper und Operette, welche von dem Lehár-Forscher Stephan Frey auch als „Lyrische Operette“ bezeichnet wird. Dieser neuartige Operettentypus zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er auf das für die Operette typische Happy-End verzichtet.

Mit dem Tenor Richard Tauber, der fortan in allen weiteren Lehár-Uraufführungen auftrat, setzte nun Lehárs erfolgreiche letzte Operettenserie ein: „Der Zarewitsch" (1927), „Friederike" (1928), „Das Land des Lächelns" (1929) sowie die 1934 an der Wiener Staatsoper uraufgeführte musikalische Komödie „Giuditta".

Nach „Giuditta“, die Lehár als Krönung seines Schaffens ansah, bricht Lehárs weiteres kompositorisches Werk fast vollständig ab: In seinen letzten Lebensjahren befasste sich der Komponist fast ausschließlich mit der Umarbeitung seiner früheren Werke, um der Nachwelt seine Operetten in Ausgaben letzter Hand zu hinterlassen. Lehár starb am 24. Oktober 1948 in Bad Ischl bei Wien, wohin er sich jeden Sommer zurück gezogen hatte, um in Ruhe komponieren zu können.



Kurt-Martin Friedrich
Letzte Änderung am 11. November 2009