Lebenslauf von Delphine von Schauroth
Delphine von Schauroth wurde am 13. März 1813 in Magdeburg geboren. Schon im Kindesalter erhielt sie Klavierunterricht bei Friedrich Kalkbrenner in Paris. 1822 bestritt sie mit neun Jahren ihr erstes öffentliches Konzert in Frankfurt a. M., das von der Musikkritik lobend besprochen wurde. In den Jahren 1823-33 konzertierte sie in öffentlichen und privaten Veranstaltungen in ganz Europa, u. a. mehrfach in Paris (1823, 1825, 1827) und München (1824, 1828, 1829, 1830), daneben aber auch in London (1823), Nürnberg (1826), Neuburg an der Donau (1829) und in Berlin (1829). Anfang Juni 1830 traf Delphine von Schauroth in München auf Felix Mendelssohn Bartholdy, mit dem sie schon 1825 bei einem Konzertauftritt in Paris Bekanntschaft geschlossen hatte. Über diese Münchener Begegnung berichtet Felix in einem Brief vom 11. Juni 1830 an seine Schwester Fanny Hensel (zit. n.: Wilhelm Adolf Lampadius, Felix Mendelssohn Bartholdy. Ein Gesammtbild seines Lebens und Wirkens, Leipzig 1886, S. 101): „Grosse Soirée war nämlich gestern bei dem P. Kerstorf, und Minister und Grafen liefen umher, wie die Hausthiere auf dem Hühnerhof. Auch Künstler und andere Gebildete. - Die Delphine Schauroth, die nun hier angebetet wird (und mit Recht) hatte von all’ diesen Klassen ein Bischen; denn ihre Mutter ist Freifrau von und sie ist Künstlerin und sehr wohlgebildet; kurz ich lämmerte sehr. (Lämmern ein Lieblingsausdruck M.’s für: den Hof machen.) Nämlich so, dass wir die vierhändige Sonate von Hummel zu allgemeinem Jubel schön vortrugen, dass ich nachgab und lächelte und zuschlug, und das As im Anfang des letzten Stückes für sie aushielt, weil ja die kleine Hand nicht zureichte, und dass die Frau vom Hause uns nebeneinander setzte, Gesundheiten ausbrachte und so fort. - Aber eigentlich wollte ich ja nur sagen, dass das Mädchen sehr gut spielt und mir, als wir vorgestern zum ersten male zusammenspielten ( denn das Stück ist schon dreimal gegeben worden) ganz ordentlich imponirte...“ Mendelssohn war von der blonden, blauäugigen und schlanken 17-jährigen Schönheit sowie von deren faszinierender Persönlichkeit und pianistischer Begabung derart angetan, dass er ihr sein stürmisch-brillantes Klavierkonzert g-Moll op.25 und - nach seiner Abreise aus München Ende Juli 1830 - auch sein sehnsüchtig und etwas melancholisch klingendes „Venetianische Gondellied“ op. 19/6 widmete. Robert Schumann bestätigt dies mit folgenden Zeilen (zit. n.: Monika Schwarz-Danuser, Delphine von Schauroth versus Cécile Mendelssohn Bartholdy geb. Jeanrenaud. Femme fatale versus Madonna?, in: Frauen um Felix. Vortragsreihe Frühjahr 2002, hrsg. v. Veronika Leggewie, Würzburg 2002, S. 139): „Das Concert in G-Moll für Clavier schrieb er, wie er sagte, in wenig Tagen (er sagte in drei, glaub ich) in München. Delphine von Schauroth, der ausgezeichneten, sehr schönen Clavierspielerin, gedachte er dabei als einer, die ihm gefährlich werden konnte. Er schilderte ihr Persönliches höchst anmuthig.“ Da Mendelssohn selten eigene Werke mit Widmungen versah, spricht dies für seine Bewunderung und große Verliebtheit, die er in dieser Zeit für Delphine von Schauroth empfand. So schreibt er an seine Schwester Fanny am 27. Juni 1830 (zit. n.: Friedrich Schnapp, Felix Mendelssohn Bartholdys Brief an seine Schwester Fanny Hensel vom 26./27. Juni 1830, in: Schweizerische Musikzeitung, Jg. 99, Nr. 3, 1959, S. 85-91): „Was mich nun betrifft, so gehe ich Tag um Tag auf die Galerie und zweimal in der Woche morgens zur Schauroth, wo ich lange Visiten mache; wir raspeln grässlich.“ 1833 verließ Delphine von Schauroth nach einem Abschiedskonzert München und ging nach ihrer Eheschließung mit dem englischen Geistlichen Edwin Hill-Handley nach London. 1837 kehrte sie nach der Trennung von ihrem Ehemann zu ihrer Mutter nach München zurück. 1848 heiratete sie Stephan Freiherr Henninger von Eberg, doch auch diese Ehe hielt nicht lange. 1856 ging sie ihre dritte Ehe mit Edward Knight ein, wobei diese Verbindung ebenfalls scheiterte. Nach der Trennung lebte sie zunächst bei einer Freundin auf einem Gut in Schlesien, zog anschließend nach Paris, lebte wahrscheinlich um 1869 wieder in Weimar bzw. später dann in München. In dieser Folgezeit wandte sie sich wiederum verstärkt dem öffentlichen Konzertieren zu, das sie allerdings auch in ihren Ehejahren niemals aufgegeben hatte, wobei sie nicht nur in Privatzirkeln (Hauskonzerte, Salons), sondern vor allem in Matineen und Wohltätigkeitskonzerten als weithin bekannte Pianistin auftrat. Neben Werken von Bach, Mozart, Beethoven, Weber und Hummel standen zeitgenössische Kompositionen, u. a. von Kalkbrenner, Hertz, Moscheles, Mendelssohn und Chopin, in ihrem Repertoire. So veranstaltete sie 1870 im Leipziger Gewandhaus - zum 60. Geburtstag von Felix Mendelssohn Bartholdy - ein eigenes Konzert „zum Besten einer Mendelssohnstiftung für arme Talente“ (in: Neue Zeitschrift für Musik 66, Nr. 8, 1870, S. 80). Im selben Jahr trat sie ebenfalls dem Allgemeinen Deutschen Musikverein als Komponistin bei (vgl. Anzeige des Allgemeinen Deutschen Musikvereins, ebd. S. 80). 1887 starb Delphine von Schauroth in München, wobei über ihre letzten Lebensjahre nichts Weiteres bekannt ist. Beitrag von Dieter M. Backes |
Letzte Änderung am 17. November 2012