Lebenslauf von Germaine Tailleferre
Am 19. April 1892 wurde Germaine Tailleferre in Paris geboren. Sie war die Jüngste von fünf Geschwistern, die in kleinbürgerlichem Milieu groß wurden. Schon sehr früh wurde ihr musikalisches Talent von ihrer musikbegeisterten Mutter erkannt und gefördert. Mit 8 Jahren erhielt sie bei Eva Meyer Klavierunterricht und ab dem elften Lebensjahr bekam sie am Pariser Konservatorium Kompositionsunterricht bei Henri Dallier, Nadia Boulanger und Georges Caussade; Orchestration lernte sie bei Maurice Ravel und Theorie bei Charles-Marie Widor. In der Klasse von Henri Dallier wurde ihr 1913 der 1. Preis in Harmonielehre zuerkannt. 1914 folgte ein 1. Preis in Kontrapunkt für eine vierhändige Komposition und 1915 bekam sie einen 1. Preis für Klavierbegleitung. Darius Milhaud und Arthur Honegger, die später mit Francis Poulenc, Georges Auric und Louis Durey mit ihr zur Gruppe der "Six" gehörten, waren ihre Studienkollegen. Initiiert wurde dieser Zusammenschluss durch den Musikkritiker Henri Collet, der in zwei Artikeln der Zeitschrift Comoedia auf diese Gruppe aufmerksam machte, die eine neue, eigenständige französische Musik etablierte. Germaine Tailleferre’s Interesse galt nicht nur der Musik, sondern auch der Kunst. Sie konnte sich lange Zeit nicht entscheiden, ob sie nun den Beruf der Musikerin oder den der Künstlerin ergreifen sollte und studierte daneben noch an der Kunstakademie Académie Ranson. Den entscheidenden Einfluss, die Wahl zu Gunsten der Musik zu treffen, ging von dem Komponisten Eric Satie aus, der ihre Kompositionen sehr lobte. Durch Klavier-Transkriptionen von Strawinsky-Balletten und mit Musikunterricht verdiente sie sich ihren Lebensunterhalt. Arthur Rubinstein spielte ihre Klaviermusik und machte sie dadurch - auch im Ausland - bekannt. 1926 heiratete sie den Karikaturisten Ralph Barton, von dem sie 1930 wieder geschieden wurde. 1931 heiratete sie in zweiter Ehe den Rechtsanwalt Jean Lageat, von dem sie 1931 die Tochter Francoise bekam. In diesem Jahr hatte sie auch wichtige Kontakte mit Pablo Picasso. 1942 ging die Familie nach Amerika, um 1946 wieder nach Frankreich zurückzukehren. Ständige finanzielle Nöte zwangen Germaine Tailleferre noch im hohen Alter (an der Ecole Alsacienne) zu unterrichten; trotz dieser Einkünfte war sie daneben ständig noch auf die Unterstützung ihrer Freunde angewiesen. 1973 erhielt sie den Grand Prix Musical der Académie des Beaux Arts. 1977 den Musikpreis der Stadt Paris. Am 7. November 1983 starb sie in Paris. Trotz der vielen unterschiedlichen Musikrichtungen, die sie während ihres langen Lebens kennen lernte, ist sie immer dem Neoklassizismus treu geblieben. Germaine Tailleferre war mit Ravel befreundet und kannte Debussy, die sie beide sehr verehrte und akzeptierte, jedoch wendete sie sich einer anderen Klang- und Formvorstellung zu. Ihr kompositorisches Schaffen war sehr vielseitig. Kammermusik in verschiedenen Besetzungen, sinfonische Werke, Konzerte, Vokalmusik, Bühnenwerke, Lieder, Ballette, Kammermusik, Filmmusiken und Klavierwerke entsprangen ihrer Feder. Besprechung der Kavierwerke Germaine Tailleferres in: Isolde Weiermüller-Backes/Barbara Heller: Klaviermusik von Komponistinnen des 17. bis zum 21. Jahrhundert, Düsseldorf 2003. Bibliografie: Mayer, Clara (Hrsg.): Annäherung an sieben Komponistinnen, Bd.XII (Karin Rehnqvist, Mel Bonis, Rebecca Clark, Germaine Tailleferre, Emilie Zumsteeg, Ada Gentile, Ruth Crawford-Seeger), Kassel 2001. Hacquard, Georges: La vie trépidante de Germaine Tailleferre, la plus ‚classique’ des compositrices francaises, Paris 1998. Beitrag von Isolde Weiermüller-Backes |
Letzte Änderung am 8. Dezember 2004