Lebenslauf von Nikolai von Wilm
Der in Riga geborene (Peter) Nicolai von Wilm hatte das Glück, obwohl er nur ein Jahr später als Brahms geboren wurde, eine zwanzig Jahre längere Lebenszeit zu genießen. Es gelang ihm, die friedliche Lage Nordosteuropas (1848-1914) für eine Abwechslungsreiche Laufbahn zu nutzen. Denn nach seinem Studium 1851-56 am Leipziger Konservatorium verbrachte er drei Jahre (1857-60) als zweiter Kapellmeister in seiner Heimatstadt Riga. Danach zog er nach Sankt Petersburg um, wo er 1860-75 als Klavier- und Theorielehrer am Nikolai-Institut tätig war. Der rastlose Wilm entwurzelte sich abermals in 1875 und lebte zuerst drei Jahre in Dresden, bevor er sich 1878 in Wiesbaden niederließ, wo er noch weitere 33 Jahre lebte. Die meisten seiner zahlreiche Werke (ca. 200) sind - da er als Pianist arbeitete und unterrichtete - Klavierstücke für die Jugend. Dazu kommen viele Lieder mit Klavierbegleitung und geistliche bzw. weltliche Chormusik. In seinen Klavierstücken nahm er mit Hinsicht auf seinen ungefähr 40 Jahre währenden Aufenthalt in Riga und Sankt Petersburg immer wieder auch russische und baltische Stimmung auf: z.B. 20 russische Romanzen, „Kleinrussische Lieder und Tänze“ für Pianoforte zu 4 Händen (ein großer Erfolg, mehrmals gedruckt), „Paraphrasen nordischer Volkslieder“ für Pianoforte zu 4 Händen, „Vom Gestade der Ostsee“ sowie fünf Tondichtungen für Pianoforte zu 4 Händen. Darüber hinaus komponierte er ein Dutzend von Riemann als „bedeutend“ bezeichnete Kammermusikwerke, die mit Ausnahme seines frühen Quartetts op. 4 (1875) während seiner Wiesbadener Zeit herausgegeben wurden. Er schrieb ein Sextett für Streicher, ein Klaviertrio sowie in der Gattung Duo mit Klavier zwei Suiten und zwei Sonaten für Violine. Außerdem schrieb er eine Sonate für Violoncello. Als Sonderbesetzung können drei Harfenwerke erwähnt werden: das Konzertstück für Harfe und Orchester, und zwei Duos für Violine und Harfe sowe ein Larghetto und ein weiteres Duo. Zur Krönung des Wilmschen Schaffens können das späte Sonderwerk „Nonett für Streicher“, das in Wilms Todesjahr 1911 mit großem Erfolg uraufgeführt wurde, und ein beispielhaftes „Adieu an das goldene Jahrhundert der Romantik“ gezählt werden. Daniel Dunkley |
Letzte Änderung am 9. November 2010