Béla Bartók (1881-1945)
A Csodálatos Mandarin
(Der wunderbare Mandarin)
Allgemeine Angaben zum Ballett:
Titel: | A Csodálatos Mandarin |
Titel : | Der wunderbare Mandarin |
Entstehungszeit: | 1918-23, rev. 1924 und 1926-31 |
Uraufführung: | 1926 in Köln |
Besetzung: | gemischter Chor und Orchester |
Spieldauer: | ca. 30 Minuten |
Opus: | op. 19 Sz 73 |
Zum Ballett:
Art: | Ballett-Pantomime in einem Akt |
Libretto: | Menyhért Lengyel |
Personen:
Der Mandarin | |
Das Mädchen | |
Älterer Freier | |
Jüngerer Freier | |
Drei Strolche |
Handlung:
Drei Ganoven zwingen ein hübsches Mädchen zur Prostitution. Im Rotlicht-Milieu am Rande einer Großstadt steht es am Fenster und soll Freier anlocken. Diese müssen nicht nur ihren Liebeslohn bezahlen, sondern sollen auch ausgeraubt werden. Das erste Objekt ist ein heruntergekommener Playboy, der durch eindeutige Gesten seine Wünsche kundtut, aber kein Geld dabei hat und deshalb wieder fortgejagt wird. Nach einer Weile erscheint ein junger Mann, der leidenschaftliche Gefühle signalisiert, was dem Mädchen gefällt. Für einen Raubüberfall erweist sich seine Barschaft als unergiebig und er wird von den Strolchen ebenfalls brutal hinausgeworfen.
Es erscheint ein geheimnisvoller Asiate, der dem Mädchen unheimlich ist und es ängstigt. Trotzdem versucht die Liebesbotin einen zaghaften erotischen Tanz, bewirkt damit aber lediglich, dass der Geforderte sie unentwegt anstarrt und seine inneren Gefühle zusammenpresst. Der Tanz des Mädchens wird lebhafter und löst endlich die Blockade des Besuchers, der sich nähert und die Bewegungen seiner Partnerin pariert. Die Pantomime wird immer orgiastischer, mal schmiegt das Mädchen sich an, dann stürmt es in wilder Panik davon. Schließlich stürzt der unheimliche Freier sich voller Begierde auf sein Opfer.
Aber der Horror geht noch weiter. Die drei Räuber stürzen aus ihren Verstecken und dringen im Kollektiv auf den wildgewordenen Lüstling ein. Sie proben verschiedene Mittel, den reichen Chinesen unschädlich zu machen. Würgen und Stechen bringen kein Resultat. Aufhängen klappt auch nicht, der wunderbare Mandarin zappelt weiter. Voller Begierde schaut er unentwegt auf das schöne Straßenmädchen. Seine vitale Sinnlichkeit ist ihr ein Rätsel und sie ist bereit, seine Begierde zu stillen. Damit ist das Problem gelöst. Erstmals hat er anstatt zu raffen auch gelebt. Nun wird seine Seele Frieden finden. Der Erlöste blutet aus.
Beschreibung:
Die Tanzpantomime „Der wunderbare Mandarin“ stellt als Meilenstein der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts Belà Bartok als einen führenden Komponisten der Moderne in das Bewusstsein einer aufgeschlossenen Zuhörerschaft. Ähnlich seinerzeit Strawinskis „Le Sacre du Printemps“ löste die Kompromisslosigkeit und Brutalität seiner Tonsprache eine Woge berechtigten Entsetzens und maßloser Entrüstung aus. Die bildhafte Darstellung des Geschehens, expressionistisch übersteigert, angeheizt durch eine Wahnsinnsmusik, waren an Zumutung für die Gemüter der damaligen Zeit doch ein bisschen zu viel. Auch bei einer Aufführung in Prag war der Misserfolg des Stückes nicht zu leugnen. obwohl Richard Strauss mit seiner Salome (1905) und seiner Elektra (1909), beides mal im benachbarten Dresden, mit seinem Publikum auch nicht gerade zimperlich umgegangen ist. Sehr schnell hat aber die Musikgeschichte den Wert von Bartoks Musikschöpfung, radikal und kompromisslos in der Verarbeitung musikalischen Materials, erkannt und ein Machtwort gesprochen. Die Aufführung an der Mailänder Scala 1942 war ein grandioser Erfolg und das Startzeichen für eine glänzende Karriere, die bis heute anhält. Zunächst war es allerdings erforderlich gewesen, das Publikum schonend auf die ungewohnte Klangwelt einzustimmen. Die optische Auslotung wurde fortgelassen und das Stück zu einer Suite in sechs Teilen für den Konzertsaal geschrumpft. Eine weitere Komposition, die Tanz-Suite von 1923, schuf Bartok, um mit wesentlich zahmeren Klängen sein offenbar verstörtes Publikum wieder zu versöhnen. |
Beitrag von Engelbert Hellen