Paul Hindemith (1895-1963)
Der Dämon
Allgemeine Angaben zum Ballett:
Titel: | Der Dämon |
Entstehungszeit: | 1922 |
Uraufführung: | 1. Dezember 1923 in Darmstadt (Hessisches Landestheater) Dirigent: Joseph Rosenstock Regie: Albrecht Joseph Bühnenbild und Kostüme: T. C. Pilartz |
Besetzung: | Kammerorchester |
Spieldauer: | ca. 35 Minuten |
Verlag: | Klavierauszug ED 3205 (Hermann Uhticke) |
Opus: | op. 28 (1922) |
Zum Ballett:
Art: | Tanzpantomime in zwei Bildern |
Libretto: | Max Krell |
Personen:
Der Dämon | |
Die zwei Schwestern |
Handlung:
ERSTES BILD
Erster Auftritt: DER DÄMON
Wie gute Manieren es erfordern, stellt sich der Höllenfürst dem Publikum vor. Sein Körperbau ist kraftvoll und etwas buckelig, die Visage rot angelaufen und verbeult. Die Stirn schmücken als Attribute der Männlichkeit zwei Hörner, ganz so wie bei einem Ziegenbock. Wir haben es mit einem extrem eitlen Dämon zu tun. Mit edlem Schmuck ist er überladen und seine vornehme Kleidung aus schwarzem Samt ist mit goldenen und silbernen Litzen verbrämt. Dazu eine Ausstrahlung von Potenz, Macht und Raffgier – kurz, ein Typ auf den die Frauen fliegen! Nachdem er sich den Theaterbesuchern mit einem pas seul präsentiert hat, verschwindet er gleich wieder.
Zweiter Auftritt: TANZ DER BUNTEN BÄNDER
Die Damen lassen nicht auf sich warten. Zwei Schwestern treten auf. Jugendfrische, Unbekümmertheit und Schelmerei verraten jede Menge Lebensfreude. Sie tragen duftige weiße Frühlingskleider mit Stickereien, die in zarten Pastellfarben aufgetragen sind. Gemeinsam bewegen sie sich zum Tanz der bunten Bänder. Ein gefundenes Fressen für einen eingebildeten Dämon!
Dritter Auftritt: TANZ DER GEÄNGSTIGTEN SCHWALBEN
Die teuflische Rothaut hat die Anwesenheit der beiden Damen mitbekommen. Er hat sich schnell umgezogen und ein giftgrünes Trikot angelegt. Von den beiden Schwestern wird er offenbar als Grasnatter wahrgenommen. Sie weichen vor ihm zurück, verhalten sich ablehnend und vollführen den Tanz der geängstigten Schwalben.
Vierter Auftritt: TANZ DES GIFTES
Geduld ist nicht die Stärke des Höllenfürsten. Zeitraubendes Umschmeicheln erspart er sich, denn wirksamere Methoden führen schneller zum Ziel. Der feine Herr arbeitet mit Giftgas und haucht die beiden an. Gemeinsam tanzen sie nun den Tanz des Giftes. Das Gemisch macht die Mädchen klein und unterwürfig.
Fünfter Auftritt: TANZ DER SCHMERZEN
Sie konnten es nicht verhindern, den giftigen heißen Atem der Chemiefabrik über sich ergehen zu lassen. Furchtbare Koliken bekommen sie. Man sieht es ihren Gesichter an – sie tanzen jetzt den Tanz der Schmerzen.
Sechster Auftritt: DER DÄMON TREIBT SEIN SPIEL
Der Dämon wartet ab, bis der Brechreiz überstanden ist. Dann wendet er sich dem Mädchen seiner Rechten zu, welches ihm willig entgegen fliegt. Er übt ein paar Schritte mit ihr, lässt sie dann stehen und wendet sich der anderen zu. Durch sein scheinbares Schwanken zieht er die Schwestern in seinen Bann. Welche Frau möchte sich nicht gern einmal mit einem stattlichen Dämon paaren?
Siebter Auftritt: TANZ DER VEREINIGUNG
Schließlich packt er sich die Linke. Was nun folgt, ist der Tanz der Vereinigung. Beide gehen ab – die Zuschauer müssen nicht alles mitbekommen.
Achter Auftritt: TANZ DER TRAUER UND SEHNSUCHT
Die verbleibende Schwester ist bekümmert, weil ein zweiter Dämon nicht in Sichtweite ist. Sie zieht sich um, und dem Tanz der Trauer und Sehnsucht folgt als
Neunter Auftritt: DER TANZ DES SCHWARZEN SCHLEIERS
ZWEITES BILD
Zehnter Auftritt: INTRODUKTION
Obwohl die missachtete Schwester deutlich sieht, dass die andere mit ihrem Dämon nicht glücklich ist, kann sie es nicht verkraften, nicht begehrt zu sein. Sie hat nicht so viel Giftgas eingeatmet wie die andere und muss deshalb nicht zusammengekauert und zuckend am Boden liegen. Tatkräftig hat sie sich vorgenommen, den Dämon um jeden Preis für sich zu begeistern. In seiner Großmut ist er geneigt, ihrer Darbietung beizuwohnen und nimmt auf seinem Thron Platz. Aus seinem Kleiderschrank hat der diesmal Tuch in den Farben Rot und Lila ausgewählt, in welches er sich einhüllt.
Elfter Auftritt: TANZ DES KINDES
Das Gewand mit dem grotesken Schnitt, welches die Zurückgewiesene trägt, gefällt überhaupt nicht. Der Dämon und die am Boden Liegende verziehen keine Miene, als die Tanzende kindliches Gebaren mimt.
Zwölfter Auftritt: TANZ DES WEITEN GEWANDES
Ein kurzes Zwischenspiel des Orchesters nutzt das Mädchen, um sich umzuziehen. Das cremefarbene Kleid gefällt auch nicht. Dämon und Schwester haben nur Hohn und Spott für ihre Drehungen übrig.
Dreizehnter Auftritt: TANZ DER GESCHLOSSENEN ORCHIDEE
Das kleine Intermezzo lässt ihr wieder Zeit, in einem Kostüm mit neuen Farben zu brillieren. Lila und Gelb berücken tatsächlich. Die Schwester wird unruhig und der Höllenfürst erhebt sich. Offenbar will er einen pas de deux hinlegen, zögert aber, weil die Partnerin zurückweicht.
Vierzehnter Auftritt: TANZ DER ROTEN RASEREI
Wenn das törichte Mädchen Resultate erzielen will, muss es die Gesinnung und nicht nur die Tanzschritte ändern. Sie wählt die für ihre körperliche Ausstattung nunmehr die Lieblingsfarbe des Dämons, damit sie fast genauso aussieht wie er. Zusammen tanzen sie den Tanz der roten Raserei. Man könnte denken, dass eine Steigerung nicht mehr möglich ist. Falsch gedacht, jetzt fällt der Dämon über die Verrückte her und veranstaltet mit ihr den Terror, den sie sich heimlich gewünscht hat. Es ist der
Fünfzehnte Auftritt: DER TANZ DER BRUTALITÄT
Die am Boden Zerstörte sieht ein, dass die Schwester sie in ihrer Liebe zum Dämon doch übertroffen hat. Die Beneidenswerte hat sich körperlich allerdings völlig verausgabt. Mit bedeutend weniger Hektik erhebt sie sich mühsam vom Boden, um den nächsten Tanz vorzubereiten.
Sechzehnter Auftritt: TANZ DES GESCHLAGENEN TIERES
Hierzu wählt sie ein erdfarbenes braunes Kostüm. Die Farbe gefällt dem Dämon überhaupt nicht. Er hat genug von der Vorstellung und verschwindet durch die Lüfte. Nun haben die Schwestern keinen Dämon mehr und fallen gegenseitig über einander her. Der Dämon kommt aber noch einmal wieder, nachdem die hasserfüllten Schwestern sich verzogen haben, um sich vom Publikum mit einer Verbeugung zu verabschieden. Hierzu trägt er Schmuck und Kostüm des erstes Aufzuges. Der Abgang war der siebzehnte Auftritt, in der Partitur vermerkt als FINALE.
Beitrag von Engelbert Hellen