Carl Orff (1895-1982)
Carmina Burana
Allgemeine Angaben zur Kantate:
Titel: | Carmina Burana |
Untertitel: | Cantiones profanae cantoribus et choris cantandae comitantibus instrumentis atque imaginibus magicis |
Entstehungszeit: | 1935/36 |
Uraufführung: | 8. Juni 1937 in Frankfurt am Main in szenischer Form |
Besetzung: | Sopran, Tenor, Bariton, gemischter Chor, Knabenchor und Orchester |
Spieldauer: | ca. 65 Minuten |
Verlag: | Schott ED 85, ED 4425, ED 2877 |
Bemerkung: | Der Sprachforscher Johann Andreas Schmeller gab 1847 eine Liedersammlung heraus, die er nach ihrem Fundort, dem Kloster Benediktbeuren "Carmina burana" nannte. Die Sammlung, die aus der Zeit um 1300 stammt, enthält Vaganten-Poesie in lateinischer und in anderen Sprachen. Orff stieß auf diese Ausgabe 1935 und stellte sich aus ihr lateinische, französische und deutsche Texte für seine Kompositionen zusammen. Er wählte eine Großgliederung in drei Abschnitten: I. "Primo vere" und "Uf dem Anger"; II. "In taberna"; III. "Cour d' amour" und "Blanziflor et Helena". Umrahmt werden die drei Abschnitte von dem Chorsatz "Fortuna Imperatrix Mundi". Dieser besteht am Anfang aus den Teilen "O Fortuna, velet luna" und - von einem kleinen Chor gesungen - "Fortune plango vulnera". Als Abschlusschor der "Carmina burana" ist dieser Chorsatz um den zweiten Teil gekürzt. Diese Bogenform hat Orff auch in den "Catulli carmina" und im "Trionfo di Afrodite" verwendet. Die drei Teile besingen das Erwachen des Frühlings und die aufkeimende Liebe, leibliche Genüsse in Form von Sauf- und Fressliedern sowie verschiedene Phasen der Liebesannäherung zwischen Jungfrau und Jüngling mit einem Lobgesang auf Venus. Der Schlusschor führt die Betrachtung jedoch wieder zurück auf Fortuna, deren Schicksalsrad alle Menschen ausgeliefert sind. Die drei Werke "Carmina Burana", "Catulli Carmina" und "Trionfo di Afrodite" wurden 1953 unter dem Titel "Trionfi - Trittico teatrale" zusammengefasst. |
Kaufempfehlung:
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Silvesterkonzert in Berlin 31.12.2004 "Carmina Burana" (Warner, DDD/LA, 2004) FonoForum 03/05: »Rattle lässt seinen Klangkörper mit äußerst rhythmischer Akkuratesse spielen und deckt selbst an lauten Tutti-Stellen den Chor nie zu. Der ist dann auch die Sensation des Abends: mit feinen Abstufungen über die ganze Bandbreite der dynamischen Skala und dazu mit gewissenhafter Diktion.« |
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Zur Kantate:
Art: | Lieder aus der Benediktbeurer Handschrift |
Text: | Dichtungen aus dem Mittelalter, die im Kloster in Benediktbeuern aufbewahrt werden |
Beschreibung:
Carl Orff über "Carmina Burana": "Mein Jugenderlebnis in den Anfängen dieses Jahrhunderts war die neue Kunst, die bildende Kunst, der "Blaue Reiter" und was alles damit zusammenhängt. Dieser Einbruch des Elementaren in die Kunst hat mich zutiefst bewegt und in mir so einen neuralgischen Punkt getroffen. Das war es, was ich wollte. Nicht die Überspitzung, nicht die Verfeinerung, nicht die Verästelung ins Weitergehende (... ) sondern das Zurückgehen auf das Elementare, auf das Ursprüngliche. Das ist etwas, was einfach in meinem Wesen liegt. Das ist keine, wie soll ich sagen, Spekulation gewesen, sondern das lag mir, das war mir selbstverständlich. (... ) Ich wollte immer etwas Ordnung in meine Sachen bekommen. Schauen Sie, ich bin in eine Zeit hineingeboren, wenn man an die Jahrhundertwende denkt, in eine Zeit des starken Umbruchs, durch was alles geht man da nicht hindurch und welche Schalen läßt man da nicht hinter sich. Da wollte ich immer aufgeräumt haben. Ich hatte das Gefühl zum erstenmal bei den "Carmina burana": Nun, das ist etwas, was irgendwie Gültigkeit haben kann. Und so bewußt war ich schon immer, daß ich dies sofort festgestellt habe, nicht erst rückblickend, nachdem Erfolg der "Carmina burana" da war, sondern daß ich schon vorher gesagt habe: Hier fange ich an! (...) Es ist ein Irrtum, wenn gesagt wird , es hätte mich artistisch gereizt, einen lateinischen Text zu komponieren. Das war absolut kein artistischer Reiz. Artistischen Reizen stehe ich meiner ganzen Natur nach im allgemeinen überhaupt fern.. . Ich wollte einen Stoff, einen gültigen Stoff haben - und zwar war das damals 1937 aus der historisch-poltischen Situation heraus verständlich, einen europäischen Stoff. Ich meine: etwas, das in ganz Europa verstanden wird. Das hängt natürlich auch mit meinen vielen Studien alter Musik zusammen. Einige Jahrhunderte vorher hat man lateinisch komponiert, und man hat von Madrid bis Petersburg alles verstanden. Es war eine europäische Einheit. Und gegen gewisse Strömungen in der damaligen Zeit war das ein bewußtes Opponieren. (...) Das wurde, Gott sei Dank, verstanden. Das war ein kleiner Triumph für mich. Mir kam es nicht auf die Musik an, das sage ich offen, sondern auf die geistige Kraft, die hinter diesen Versen steckt. Und wenn heute die "Carmina burana"- ich darf es ruhig sagen - in aller Welt gespielt werden, so ist mir meine Musik nicht so wichtig, sondern daß die abendländische Kraft dieses Dichtwerks bindend verstanden wird, und daß dies wieder bindend wirkt..." Quelle: Neue Zeitschrift für Musik, 7/8, Mainz 1970 |
Letzte Änderung am 10. Juli 2005
Beitrag von Markus Hillenbrand und Frank Menzel
Beitrag von Markus Hillenbrand und Frank Menzel